Der Erwählte

 

»Der Erwählte« ist eine Nach- und Neuerzählung der Legende von Papst Gregorius, der im Inzest gezeugt worden war und durch Reue und Buße schließlich die göttliche Vergebung erfuhr. Thomas Mann  lernte die Legende in der Fassung Hartmanns von Aue bereits 1894 kennen. Während der Arbeit an »Doktor Faustus« stieß er 1945 erneut auf den Stoff und formte daraus »dieses in Gott vergnügte Büchlein«.
Thomas Manns Roman erschien 1951 im S. Fischer Verlag.

Der Erwählte

Die Legende vom Papst Gregorius ist Thomas Mann früher, als er selbst erinnerte, bekannt geworden: Im Wintersemester 1894/1895 als Hospitant in den Vorlesungen des Münchner Germanisten Wilhelm Hertz über Hartmann von Aue. Auf diesen im Inzest gezeugten »christlichen Ödipus« mit der »Kraft der Reue zur Vergebung jeglicher Sünde« stieß er dann wieder, auf der Suche nach einem Stoff »zur Verarbeitung als groteske Puppenspiele« für seinen Helden Adrian Leverkühn, »in dem alten Buch ›Gesta Romanorum‹«; erst da, im Oktober 1945, wurde er sich, den Legendenstoff im entstehenden Doktor Faustus zusammenfassend, des Reizes der Eigengestaltung bewußt; der Faust-Tragödie sollte nach antikem Beispiel das Satyrspiel - »dieses in Gott vergnügte Büchlein« - folgen.
Unter Nutzung aller Mittel, »die der Psychologie und Erzählkunst in sieben Jahrhunderten zugewachsen sind«, formte, ja stilisierte er »ein zeitlich ziemlich unbestimmtes übernatio-nalabendländisches Mittelalter mit einem Sprachraum, wo das Archaische und das Moderne, Altdeutsche, Altfranzösische, gelegentlich englische Elemente sich humoristisch mischen«.

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