Elisabeth Mann Borgese
24. April 1918 - 8. Februar 2002
Seit Heinrich Breloers Filmtrilogie Die Manns ist Elisabeth Veronika Mann dem deutschsprachigen Publikum bestens vertraut, denn sie begleitete das Filmteam an Schauplätze ihres Lebens, sprach über ihre Kindheit und Jugend. Dabei zeichnete sie das Bild ihrer Familie in ihren Farben: sympathisch, nachdenklich und optimistisch. Als sie kurz nach Ausstrahlung der Filme verstarb, galt sie als "lebensfrohstes, realitätsnahestes und im besten Sinne lebensfähigstes Mitglied ihrer Familie, sie hatte Willen zum Glück".
Schon als Kleinkind war "Medi", wie sie gerufen wurde, das erwählte Lieblingskind des Vaters. Im Gesang vom Kindchen drückte er diese Sympathie aus. Erste verirrte Liebesregungen der kleinen Elisabeth goss Mann in seine Erzählung Unordnung und frühes Leid und hatte wie in Mario und der Zauberer auch sein "liebstes Töchterlein" hiermit für sein Werk dienstbar gemacht. Nach dem Besuch des Wilhelms-Gymnasiums in München und des Freien Gymnasiums Zürich, wo sie am Konservatorium als Konzertpianistin ausgebildet wurde, folgte sie den Eltern in die USA - sie selbst beschrieb sich als hässlichen Backfisch, schüchtern. Seit ihrem 15. Lebensjahr schwärmte sie für den Verleger Fritz Landshoff, der sie allerdings enttäuschen musste. Noch in Princeton verliebte sich Elisabeth einundzwanzigjährig unsterblich in den wesentlich älteren Historiker und Literaturwissenschaftler, Giuseppe Antonio Borgese - einen emigrierten Antifaschisten. Sie habe die Bücher des Chicagoer Professors gelesen und habe gewusst, sie werde ihn heiraten. Bereits ein Jahr später kam die Tochter Angelica zur Welt, 1944 folgte Dominica. Während sie sich um die Kinder und den Haushalt kümmerte, bildete sie sich mit biologischer Lektüre weiter. Die Borgeses gehörten zu einem intellektuellen Zirkel, der eine Weltverfassung erarbeitete und ein Zeitalter der Menschenrechte proklamierte - es war ein ganz und gar politisches Haus.
Elisabeth Mann Borgese trat mit ihrem Mann die Rückkehr nach Europa, nach Florenz, an und kehrte dem McCarthy-Amerika den Rücken. Ihr Mann verstarb allerdings 70-jährig im Jahr 1952. Nun begann sie in Fiesole ein Lebens als Schriftstellerin und legte zunächst einen Erzählungsband To whom it may concern (1960) sowie das Emanzipationsbuch Ascent of Woman (1963) vor. Ihr Genre wurde das populäre Sachbuch: Wie man mit den Menschen spricht (dt. 1971) ist beispielsweise Zeugnis ihrer Verbundenheit zu Tieren. In Santa Barbara wirkte sie am Forschungsinstitut des Freundes Robert Hutchins mit. Ihr politisches Engagement, das sie mit dem Malteser Politiker Arvid Pardo teilte, galt dem Schutz der Weltmeere. Als einziges weibliches Mitglied gehörte sie dem Club of Rome an und legte mit The Drama of the Oceans (1975) eine eindrucksvolle Studie vor. Sie war Architektin der richtungweisenden UN-Seerechtskonvention von 1982 und gründete auf Malta das Internationale Ozean-Institut. Seit 1978 lebte sie im kanadischen Halifax und lehrte als Professorin Seerecht. Als Umweltschützerin und Aktivistin für Menschenrechte ist Elisabeth Mann Borgese der Aufstieg bis hin zur anerkannten Expertin gelungen - ob das der Vater seinem Kindchen zugetraut hätte? Elisabeth Mann jedenfalls war eine vor Enthusiasmus sprühende Persönlichkeit.