„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ ist der Glaubensspruch von Illustratoren, Karikaturisten, und Benutzern von Powerpoint. Fuer Thomas-Mann-Texte gilt umgekehrt oft eher „Einhundert Worte sagen mehr als eine Million Pixel.“ Als Pendant zu den obengenannten Zeichnungen der „Randfiguren“ moege man sich etwa die Statue oder das Relief von Echnaton
http://www.pharaonenpage.de/Pharaonen/stein-echnaton.jpg ansehen und dazu Thomas Manns Wortmalerei (mit 107 Woertern) lesen:
„Bei der Beschreibung seines Gesichts unter der runden blauen Peruecke mit Koenigsschlange, die er heute ueber der Leinenkappe trug, duerfen die Jahrtausende uns nicht von dem zutreffenden Gleichnis abschrecken, dass es aussah wie das eines jungen, vornehmen Englaenders von etwas ausgebluehtem Geschlecht: langgezogen, hochmuetig und muede, mit nach unten ausgebildetem, also keineswegs mangelndem und dennoch schwachem Kinn, einer Nase, deren schmaler, etwas eingedrueckter Sattel die breiten, witternden Nuestern desto auffallender machte, und tief traeumerisch verhaengten Augen, von denen er die Lider nie ganz aufzuheben vermochte, und deren Mattigkeit in bestuerzendem Gegansatz stand zu der nicht etwa aufgeschminkten, sondern von Natur krankhaft bluehenden Roete der sehr vollen Lippen.“
Was ist ausdrucksvoller, was ist unvergesslicher? Ich glaube, man wird die Worte „wie das eines jungen, vornehmen Englaenders von etwas ausgebluehtem Geschlecht“ nicht so leicht wieder los.
Weitere, aehnlich typisch-naturalistische Wort-Portraits von „Hauptpersonen“ aus dem Joseph-Roman sind in Hermann Kurzkes Buch „Mondwanderungen“ aufgefuehrt: Mont-kaw, Potiphar, Asnath, Beknechons, Mai-Sachme, Teje, Ptach, Chapi.
Wulf Rehder