Genau genommen drei: Die glückliche, frühe Kindheit mit einem zugewandten Vater, dann die abenteuerliche, Tom Sawyer-ähnliche Kindheit im fränkischen Dorf, schließlich die unglücklichen Jahre nach der Rückkehr des veränderten Vaters aus Krieg und Gefangenschaft.
Im letzten Jahr hatte ich eine Herzoperation in der Uniklinik Erlangen, die auch hätte tödlich enden können. Anschließend war ich drei Wochen in einer Reha-Klinik. Dort hatte ich reichlich Gelegenheit über mein »gerettetes« Leben nachzudenken. Dazu kam, dass mich unser Sohn Michael zusammen mit seinem Literaturagenten der Klinik besuchte. Der Agent sagte: »Herr Maar, wenn ich ihr Agent wäre, ich wüsste, was ich Ihnen raten würde. Sie sollten als nächstes ein Buch für Erwachsene schreiben. Es gibt so viele Leser, die das Sams kennen und gerne wüssten, wer eigentlich hinter dieser Figur steckt, wer die sich weshalb ausgedacht hat.« Das leuchtete mir ein. Noch in der Reha schrieb ich die ersten 50 Seiten.
Ich denke, Erinnerungen sind am tiefsten, wenn sie mit Gefühlen verknüpft sind. Und Gerüche oder Bilder wecken ja auch die angenehmen oder unangenehmen Gefühle, die man damals empfand.
Ja, als meine Schwester mir ein Album mit Familienfotos vorbeibrachte, das sie im Nachlass unserer verstorbenen Mutter entdeckt hatte.
Dabei half mir das Urvertrauen, das ich in der frühen Kindheit aufgebaut hatte. Ich fühlte immer einen festen, unzerstörbaren Kern in mir. Ich habe es in der Episode mit dem Märchen »Der Eisenhans« beschrieben. Ich wusste, irgendwann werde ich mein Hütchen abnehmen wie der gedemütigte Königsohn, und alle würden erstaunt rufen: »Er hat ja goldene Haare!«
Erich Kästner bedauert die Menschen, die »ihre Kindheit ablegten wie einen alten Hut«. Ich weiß nicht, wie es anderen geht. Ich selbst kann mir kein Leben denken ohne einen festen Bezug zur eigenen Kindheit. Ohne diese enge Verbindung zum Kind Paul hätte ich auch keine Kinderbücher schreiben können.